Ethik

Der Mensch ist nicht das Mass aller Dinge, sondern Leben inmitten von Leben, das auch leben will!  (Albert Schweitzer, ev. Theologe, Arzt u. Philosoph, 1875-1965)

 

In Massentierhaltungsanlagen wird mit Tieren auf eine Weise umgegangen, die uns als Gesellschaft beschämen muss.

Das deutsche Tierschutzgesetz stellt die Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf in den Vordergrund, denn im ersten Abschnitt heißt es: §1 „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

 

Allein diese gesetzliche Bestimmung sagt schon viel aus.
Hier geht es nicht um einen Schutz der Tiere, damit Menschen aus diesem Schutz ihre Vorteile ziehen können, sondern um einen Schutz der Tiere um ihrer selbst willen. Dies erscheint insbesondere angesichts der biologischen Verwandtschaft zwischen Mensch und nicht-menschlichen Lebewesen, sowie deren Schmerz- und Leidensfähigkeit, als auch ihres Gefühlsempfindens und ihres Bewusstseins angemessen.

Wir als Menschen haben aber nicht nur eine gesetzliche Verantwortung für die Tiere, sondern insbesondere und vor allem eine moralische Verantwortung. Moralisch betrachtet haben Tiere denselben Status wie Menschen. Als “Herrscher“ auf diesem Planeten haben wir Menschen die moralische Pflicht, die Würde unserer Mitgeschöpfe zu achten und zu respektieren. Wir dürfen nicht (weiter) die Rolle eines Ausbeuters einnehmen, sondern müssen die uns anvertraute Fauna und Flora behüten.

 

Der Dalai-Lama (1935-) als Oberhaupt des Lamaismus hat gesagt:
Selbstverständlich stehen wir auf einer höheren Stufe als die Tiere aufgrund unserer Intelligenz und Geisteskraft. Das ist keine Frage. Falls der Rang von Bedeutung ist. Aber im Hinblick auf das Recht zu leben, befinden wir uns natürlich auf derselben Stufe wie die Tiere. Hier sind wir den Tieren gleich. Wir alle sind Lebewesen in dieser körperlichen Manifestation auf dieser Erde zu dieser Zeit und haben alle das gleiche Recht zu leben. Es ist unrecht, einen anderen Menschen zu töten, und es ist ebenso unrecht, ein Tier zu töten. (Tierzeitung Karlsruhe, Nr. 3/86)

 
Franz von Assisi (1182-1226, Heiliger u. Gründer des Franziskaner Ordens) drückt es in ein paar Sätzen treffend aus:
“Gott wünscht, dass wir den Tieren beistehen, wenn sie der Hilfe bedürfen. Ein jedes Wesen in Bedrängnis hat gleiches Recht auf Schutz. Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers – unsere Brüder.“

 

Die Tiere teilen mit uns das Privileg eine Seele zu haben. (Pythagoras von Samos)

 

Und … egal welcher Religion man angehört und egal, wie auch der Gott in dieser Religion genannt wird … für mich steht fest, dass jeder Gott jeder Religion auch die Tiere als Teil seiner Schöpfung liebt und nicht will, dass sie gequält werden. Er möchte, dass wir mit der Schöpfung verantwortungsbewusst und mitfühlend umgehen. Wir alle sollten uns an unsere vom Schöpfer zugedachte Verantwortung für das Schicksal der Tiere erinnern.

 

Kaum ein Theologe hat bisher öffentlich darauf hingewiesen, dass der Begriff „Schöpfung“, wenn man ihn ernst nimmt, nicht nur die gesamte Menschheit einschließt, sondern auch die Tiere und Pflanzen. Wenn die Bibel den Menschen und das Tier beide als Geschöpfe Gottes begreift und nebeneinander stellt, dann heißt das nicht, dass der Mensch degradiert wird.

Auch die hannoversche Landeskirche hat sich deutlich positioniert und sich gegen eine industrialisierte Landwirtschaft ausgesprochen. Karl-Heinz Friebe, kirchlicher Beauftragter für die Landwirtschaft, hat sich auf einer Synode dazu wie folgt geäussert:
„Das Tier ist ein Geschöpf Gottes, so wie wir. Wenn wir bereit sind uns dieses Tier zu Nutze zu machen, also auch bereit sind es zu schlachten und zu essen, dann haben wir darauf zu achten, dass der Weg dorthin würdevoll und ehrenvoll passiert, angstfrei, leidfrei und schmerzfrei!“ (Quelle: WDR 5-Radio, Sendung „Diesseits von Eden“ am 18.11.2012, 08.20 bis 08.55 Uhr)

 

Durch die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte geht viel Leid und Tod – sowohl an Menschen als auch an Tieren – überwiegend auf das Konto der Ausüber der Gewalt zurück, aber auch auf das stumme Nichtstun der zusehenden Masse. Den Tieren bleibt in der Gewalt des Menschen nichts anderes übrig, als sich willig zur Schlachtbank führen zu lassen. Ein Tier steht, auch in der Masse, dem Menschen schlußendlich machtlos gegenüber.
Nur wir Menschen allein haben es in der Hand den Tieren zu helfen. Aber was tun wir? Wir sind stumme und stillhaltende Zeugen, die sich entweder um das was passiert nicht scheren oder denen das Stückchen Fleisch auf dem Teller näher ist, als die Qualen der Tiere. Wie lange können wir uns diesen Luxus noch leisten? Oder müsste die Frage nicht eher lauten: wie lange können sich die Tiere diesen, unseren Luxus noch leisten? Es sind ja nicht wir, die sich auf den Käfigböden von Massentierhaltungsanlagen und in Versuchslaboren verrückt vor Schmerzen winden, denen bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen wird oder die schon im Kindesalter getötet werden und bis dahin in den eigenen Exkrementen leben müssen.

 

Der Mensch nutzt bereits seit Tausenden von Jahren Tiere für seine Zwecke aus, doch das Ausmaß des Mißbrauchs zum Ende des vorigen und Beginn dieses Jahrhunderts, kann als der bisherige Höhepunkt der Entwicklung bezeichnet werden.

Schon vor sehr langer Zeit erhoben Denker wie z.B. Pythagoras, Aristoteles und Hippokrates, als auch Noah und später Martin Luther oder Franz von Assisi den warnenden Finger wegen des abgleitenden menschlichen Verhältnisses zum Tier. Ähnliche Stimmen (z.B.: Leonardo da Vinci, Schopenhauer, Tolstoi, etc.) erhoben sich immer wieder, ohne daß sich jedoch etwas Wesentliches geändert hätte. Es scheint fast so zu sein, das je lauter die mahnenden Stimmen der Mäßigung und Einsicht wurden, um so maß- und rücksichtsloser das Vorgehen, wovon wir täglich Zeuge werden.
Je hilfloser ein Lebewesen ist, desto größer ist sein Anspruch auf menschlichen Schutz vor menschlicher Grausamkeit.

 

Wer gibt uns Menschen eigentlich das Recht Tiere in 2 Kategorien einzuteilen?
Die eine Kategorie, das sind u.a. unsere Haustiere, für die das Tierschutzgesetz in vollem Umfang gilt. Die andere Kategorie sind u.a. die Nutztiere, für die das Tierschutzgesetz nicht in vollem Umfang zu gelten scheint, denn für diese gibt es noch die Nutztierhaltungsverordnung, auf die im Tierschutzgesetz verwiesen wird. Gerade die Nutztierhaltungsverordnung lässt die massenweise grausame Haltung und Behandlung von Nutztieren in Massentierhaltungsanlagen zu und die Degradierung der Nutztiere zu reinen Produktionseinheiten statt sie ebenso wie die Haustiere als fühlende, leidensfähige Lebewesen anzusehen. Mit der Nutztierhaltungsverordnung wird das Tierschutzgesetz für Nutztiere ausgehebelt und das Quälen der Nutztiere per Gesetz legitimiert. Warum machen wir Menschen – und damit ist in erster Linie der Gesetzgeber gemeint (aber auch wir selbst) – einen Unterschied zwischen Haustieren wie z.B. Hunden und Katzen – und Nutztieren wie z.B. Kühe, Schweine, Hühner, etc.? Es ist doch so, dass sowohl Haustiere als auch Nutztiere alle gleichsam Gefühle haben und Trauer, Angst und Schmerz empfinden. Es ist ethisch nicht vertretbar und es ist auch mit logischem Menschenverstand nicht nachvollziehbar, Nutztieren Ihre Rechte nach dem Tierschutzgesetz durch eine Verordnung einzuschränken oder gänzlich zu versagen. Auch Sie liebe Leserinnen und Leser unterstützen diese Einteilung der Tiere indirekt mit Ihrem Konsumverhalten. Denken Sie doch mal darüber nach, warum es Tiere gibt, die Sie streicheln und wieder andere die Sie essen!?

Die Tierwelt ist nicht unser Eigentum. Unsere Interessen sind für sie nicht von Belang und wir haben kein Recht nach unserem Gutdünken über ihr Leben und Sterben zu bestimmen. Man kann wohl fragen: Was wäre der Mensch ohne die Tiere? Aber nicht umgekehrt: Was wären die Tiere ohne die Menschen?

Der Mensch frisst sich wie eine Krankheit durch diesen Planeten. Er eliminiert alles was ihm dabei im Wege steht. Tiere, wo sie nicht für unsere Zwecke genutzt werden, stören durch ihre bloße Anwesenheit oder ihren Anspruch auf Flächen und Ressourcen, die wir als die unsrigen betrachten. Durch eine rücksichtslose Plünderung der Rohstoffe, ein ungeheueres Bevölkerungswachstum und die gigantische Schädigung unserer Umwelt schafft der Mensch einen erdgeschichtlichen Ausnahmezustand. So kann und darf es einfach nicht weitergehen!
 
Wer sich heute über das Vorgehen einiger Tierschutz- und Umweltschutzverbände sowie einzelner Tierschutzaktivisten beklagt, der hat noch nicht begriffen, was für uns alle auf dem Spiel steht. Derjenige vergisst vor allem wem er selber verdankt, dass er heute zumindest ein gewisses Maß an Freiheiten genießen darf und nicht rechtloser Sklave und damit Eigentum eines Herrn ist, der ihn aus einer plötzlichen Laune heraus misshandeln oder töten lassen könnte.

Menschen wie die heutigen Tierrechtler ermöglichten uns in der Vergangenheit Fortschritte wie z.B. die Abschaffung der Sklaverei, die Ächtung von Rassenhass, die Gleichberechtigung der Frauen, usw.
Jede Errungenschaft dieser Art erforderte damals als auch heute noch Mut, Risikobereitschaft, entschiedenes Vorgehen gegen bestehende Missstände und das Brechen von zu dieser Zeit gültigen Gesetzen. Nach dem Recht dieser Zeit waren Kritiker z.B. der Sklaverei Kriminelle, ihre Taten und eingesetzten Mittel Gegenstand von Strafverfahren. Wer würde dies heute noch so sehen? Diese Frage muß man unüberhörbar stellen!
Es mag daran liegen, dass wir bei der Wahl der Mittel in Hinblick auf Belange, die die Interessen und den Schutz unserer eigenen Art angehen, prinzipiell etwas weniger zimperlich sind als bei der Verteidigung nichtmenschlichen Lebens.
Niemand würde die eingesetzte Waffengewalt zur Abschaffung der Sklaverei oder zur Befreiung von Juden aus deutschen KZs heute verurteilen. Andererseits ist man sich jedoch einig, daß ein mit einem Brecheisen bestückter Tierbefreier, der einige Tiere aus hochgradig mißbräuchlicher Haltung versucht zu befreien, nicht zu tolerieren ist.

Wir sehen heute die Einteilung nach Mensch und Tier und innerhalb der Tiere zwischen Nutztieren und anderen Tieren als so selbstverständlich an, dass wir über jede Möglichkeit einer Veränderung der zugestandenen Rechte nicht weiter nachdenken. Im Rückblick auf die vielen Irrtümer der Vergangenheit sollten wir nachdenken und nicht mehr an dieser starren Einteilung wie selbstverständlich festhalten. So waren Menschen früherer Epochen mit völliger Selbstverständlichkeit der Ansicht, dass Sklaven, Menschen mit dunkler Haut und Frauen keine Rechte zustehen. Haben wir nicht in der Zwischenzeit gelernt, die Sklaverei zu ächten und Frauen als gleichberechtigt anzusehen?

Es mag hoffentlich der Tag kommen, an dem die Menschheit endlich begreift, dass auch die Anzahl der Beine, die Behaarung der Haut oder die Länge des Kreuzbeins gleichermaßen ungenügende Argumente sind, um empfindsame Wesen einem Schicksal im Leid zu überlassen und ihnen im Schlachthaus den Garaus zu machen.
Deshalb ist es jetzt an der Zeit über Tiere neu nachzudenken und sie moralisch angemessen zu behandeln.

 

Tiere sind Lebewesen, die denken und fühlen. Sie erleiden Todesängste unter den Qualen, die ihnen von „Menschen“ zugefügt werden, bis zur letzten Minute ihres Lebens. Diese armen Geschöpfe haben ein Recht darauf, von uns respektiert und vor diesen unsäglichen Quälereien geschützt zu werden. Das sind wir ihnen schuldig – schließlich bezahlen sie unsere Lust auf Fleisch mit dem Wertvollsten, was sie haben: mit ihrem Leben, das unter diesen Umständen nicht wirklich lebenswert ist. Erinnern wir uns an eine Aussage von Gandhi: Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.

Jedes Lebewesen hat das Recht auf ein würdevolles und artgerechtes Leben und Sterben. Jedes Tier empfindet Schmerz genauso wie wir. Wir haben kein Recht, diese Lebewesen dem Konsum zu opfern.

 

Setzen wir uns alle mehr für die Nutztiere in den von uns Menschen geschaffenen Tierhöllen ein und versuchen wir ihnen so gut es in unserer Macht steht zu helfen. Helfen können wir ihnen am besten dadurch, indem wir auf möglichst viele Tierprodukte verzichten.
Ziel von uns allen sollte es zumindest sein, nach Möglichkeit kein Fleisch mehr zu essen oder wenigstens den Fleischkonsum drastisch zu reduzieren. Dies ist keineswegs eine unzumutbare Forderung, denn so wie jeder Mensch gerne leben möchte, so will dies auch jedes Tier und so wie jeder Mensch Schmerz und Angst empfindet, so ist dies auch bei den Tieren.
Wer gibt uns Menschen eigentlich das Recht so mit Tieren zu verfahren, wie wir es nun schon seit Jahrtausenden tun? Rücksichtslos, skrupellos und ohne Gefühl. Sollte es nicht unsere Aufgabe sein die Schöpfung, zu der auch die Fauna zweifellos gehört, zu bewahren? Muss unsere Aufgabe hier auf Erden nicht eher die eines Verwalters sein, statt die eines Ausbeuters?

Ich glaube wir wissen, dass wir die vollkommene Welt, die uns der Schöpfer anvertraut hat, nicht verseuchen oder ausbeuten sollten und das wir nicht sorglos darin herumpfuschen dürfen. Und wir wissen auch, dass die Tiere, die niemals eine Stimme hatten und niemals in der Lage sein werden für sich selbst zu sprechen und für ihre Rechte einzutreten, sich auf uns verlassen, ja auf uns zählen, dass wir die Dinge für sie zum Guten wenden.
Wir sollten uns unserer Verantwortung für die Schöpfung bewusst sein und dann dieser Verantwortung endlich gerecht werden.
Es ist nicht unsere Erde, wir haben sie nur von unseren Kindern und Enkeln geliehen.

 

Die Welt ist kein Machwerk und die Tiere sind kein Fabrikat zu unserem Gebrauch. Nicht Erbarmen, sondern Gerechtigkeit ist man den Tieren schuldig. (Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph, 1788 – 1860)

 


http://www.werde-vegetarier.de/

 

Keiner hat das Recht (auch wenn er es sich nimmt) ein anderes Lebewesen zu knechten, es auszubeuten oder zu töten. Keiner ist mehr Wert als ein anderer und da spielt es keine Rolle ob Mensch oder Tier.
(Sina Braun, Tierheimleitung Heinsberg, in „Tierschutz aktuell“ 32. Jahrgang 2018 – Seite 36) 

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